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Biowasserstoff

Als Biowasserstoff (BioH2) wird Wasserstoff (H2) bezeichnet, der mit Hilfe lebender Mikroorganismen wie Bakterien oder Algen insbesondere aus Biomasse erzeugt wird. Grundlage für die Wichtigkeit von Biowasserstoff bietet die immer größer werdende Relevanz von Wasserstoff als Ersatz für fossile Energieträger, da bei seiner Nutzung kein Kohlenstoffdioxid freigesetzt wird. Bei der Herstellung von Wasserstoff, der aktuell noch zu über 90% aus nicht erneuerbaren Ressourcen wie Erdgas oder Kohle hergestellt wird, fällt aber oft Kohlenstoffdioxid an. Eine Alternative bietet hier sogenannter grüner Wasserstoff, der mittels Elektrolyse durch erneuerbare Energien gewonnen wird. Dieser Prozess ist nachhaltig, allerdings noch sehr kostenintensiv und energieaufwändig. Ebenso ist grüner Wasserstoff absehbar noch nicht in den Mengen verfügbar, wie er benötigt wird. Eine weitere Alternative könnte hier der Biowasserstoff sein. Die Grundlage für die Produktion von Biowasserstoff bildet der Stoffwechsel von Mikroorganismen, der, zumindest als Zwischenprodukt, Wasserstoff bildet. Viele Mikroorganismen sind mittlerweile gut erforscht und bieten somit einen hohen Grad an Modifikationsmöglichkeiten zu Steigerung der Wasserstoff-Produktion.

Zur Herstellung von Biowasserstoff gibt es unterschiedliche Methoden. Zu den lichtunabhängigen Prozessen zählen die Dunkelfermentation (DF) und die mikrobielle Elektrolysezelle (MEZ). Bei der DF werden organische Stoffe, z.  B. glukosehaltige Biomasse, mittels sauerstoffunabhängiger Mikroorganismen bei Umgebungstemperatur (30–80 °C) zu Wasserstoff und Kohlenstoff abgebaut. Bei der MEZ verstoffwechseln anaerobe elektrogene Mikroorganismen organisches Material (z. B. aus Abwasser). Die dabei an die Anode abgegebenen Elektronen werden zur Kathode transportiert, wo bei der Verbindung mit H+-Ionen Wasserstoff entsteht. Zu den lichtabhängigen Prozessen gehören die Photofermentation (PF) und die Biophotolyse. Bei der PF produzieren verschiedene Arten von photosynthetisch aktiven Bakterien (z. B. Purpurbakterien) unter anaeroben Bedingungen Wasserstoff durch den Abbau organischer Substrate. Bei der Biophotolyse werden die im normalen Stoffwechselprozess von Grünalgen oder Cyanobakterien erzeugten Protonen durch die Hydrogenase (sauerstoffempfindliches Enzym) zu Wasserstoff reduziert.

Aktuell wird an diversen Methoden gearbeitet, die die Herausforderungen der bisher geringen Effizienz und der zu hohen Kosten bei der Erzeugung von Biowasserstoff bewältigen sollen. Hierzu gehören die Optimierung von Bioreaktoren, die Nutzung verschiedenster Biomassequellen (z. B. Abwässer aus der Industrie oder kommunale Abfälle) und die Entwicklung hybrider Systeme. Neben diversen Ansätzen zur Immobilisierung der Mikroorganismen (z. B. in einer Gel-Matrix), um eine höhere Zelldichte, homogenere Verteilung und gesteigerte Robustheit zu erreichen, befasst sich die Forschung zur Steigerung der Effizienz auch mit diversen genetischen Modifikationsmöglichkeiten. Hierzu gehören unter anderem die Steigerung der Produktion durch Beeinflussung der Photosysteme, die Ausschaltung konkurrierender Stoffwechselwege, eine Modifikation zur Minimierung der Sauerstoffempfindlichkeit der Enzyme oder sogar die Integration wirtsfremder Sauerstoff-toleranter Hydrogenasen in Cyanobakterien.

Neben der Produktion von Biowasserstoff ist auch die biologische Speicherung von Wasserstoff ein interessantes Thema. Hier gibt es aktuelle Ansätze und Entwicklungen einer Biobatterie, die tagsüber durch Solarenergie erzeugten Wasserstoff speichert und ihn nachts wieder freigibt. Das in bestimmten Bakterien vorkommende Enzym HDCR verstoffwechselt dabei Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid zu Ameisensäure. Die Reaktion in der HDCR läuft wesentlich effizienter ab als in allen bisher bekannten biologischen und chemischen Katalysatoren (10- bis 1000-mal effektiver).

Insgesamt kann man sagen, dass die Bemühungen um die Verbesserung der Prozesse durchaus die Möglichkeit eröffnen, langfristig eine Produktion von Biowasserstoff in industriellem Maßstab zu realisieren. Neben einer klimaneutralen Energieversorgung kann die Nutzung von Biomasse auch zu einer Verringerung der energetischen Abhängigkeit von Ländern mit Zugang zu fossilen Brennstoffen führen und teilweise das Entsorgungsproblem von Biomasse lösen. 

Dieser Trend-NEWSletter-Artikel wurde im März 2024 veröffentlicht.

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