Möglicher Aufstieg der Volksrepublik China zum größten Produzenten wissenschaftlicher Publikationen weltweit

Wie stellt sich aktuell die geopolitische Situation im Bereich der Wissenschaften dar? Diese Frage wollen wir hier kurz mit Hilfe von Daten beleuchten, die wir dem am Fraunhofer INT entwickelten Recherche- und Analysesystem KATI entnommen haben. Grundlage bilden die etwas mehr als 60 Millionen Publikationsdaten des Science Citation Index.

Wie stark sich der kürzlich vollzogene Brexit auf die Wirtschaft der EU auswirken wird, ist noch schwer abzusehen. Im Bereich der Wissenschaften ist bereits jetzt davon auszugehen, dass die 27 EU-Staaten nicht mehr die mit Abstand produktivste Kraft darstellen werden. Ihre Spitzenposition, die sie seit etwa 2004 innehatten, werden sie sich in den nächsten Jahren wieder mit den USA teilen.

Und auch Japan hat nicht mehr die Bedeutung, die es noch vor einigen Jahren hatte. Indien ist dabei, Japan im Verein der produktivsten Forschungsnationen den Rang streitig zu machen.

Schließlich ist abzusehen, dass China auch in diesem Bereich der EU und den USA den Rang als führende Nation streitig machen wird bzw. schon macht. Während die wissenschaftliche Produktivität der EU und der USA in den letzten Jahren eher zu stagnieren scheint, wächst sie in China weiterhin. Extrapoliert man die Entwicklung für die USA und China (siehe die folgende Abbildung), so erkennt man, dass dies vielleicht schon 2022 geschehen könnte. Dies legen zumindest die Daten des KATI-Systems nahe. Gäbe es eine Möglichkeit wirklich alle wissenschaftlichen Publikationen zu erfassen, also auch jene, die in den jeweiligen Landessprachen verfasst wurden, dann könnte dieser Überholvorgang bereits erfolgt sein. Dabei ist zu beachten, dass wir hier nur die Produktivität der Länder betrachten. 

Erläuterung zu den Daten: Die Daten wurden im Februar 2020 erhoben. Erfahrungsgemäß sind die Publikationsdaten des Vorjahres zu einem so frühen Zeitpunkt noch nicht vollständig erfasst, weshalb die Daten für 2019 mit Vorsicht zu genießen sind. Um so bemerkenswerter ist, dass schon jetzt die Daten für China für das Jahr 2019 über denen des Vorjahres liegen.