Leichtere und effizientere Abschirmungen gegen die Strahlung im Weltraum für Elektronik und empfindliche Bauteile

Abbildung 1: Bestrahlung des RAPRO-Elektronikgehäuses an der PTB, Braunschweig (Foto: MS)
Abbildung 2: RAPRO-Spotshield (Foto: MS)
Abbildung 3: RAPRO-Elektronikgehäuse (Foto: INT)

Elektronische Komponenten können durch die im Weltraum anwesende Umgebungsstrahlung (z. B. Elektronen, Protonen, kosmische Höhenstrahlung) empfindlich beeinträchtigt oder gar zerstört werden. Um dies zu verhindern, muss die Strahlung bestmöglich abgeschirmt werden. Den größten Beitrag zur Strahlungsabschirmung im Satelliteninneren übernehmen die Struktur und die ohnehin an Bord befindlichen Systeme. Ist dies für empfindliche Komponenten nicht genug, so wird häufig ein zusätzliches massives Schild verwendet, für größere Bereiche meist aus Aluminiuim oder lokale Schilde aus Tantal (sogenannte Spotshields) für Einzelkomponenten.

Ein Ansatz diese Schilde effizienter zu gestalten und insbesondere leichter zu machen, ist die Verwendung eines Systems aus mehreren Schichten unterschiedlicher Materialien. Unter Ausnutzung sekundärer Effekte beim Strahlungstransport durch die Materialien ist dann ein maßgeschneidertes Optimum der Abschirmwirkung für eine bestimmte Satellitenmission möglich.

Im RAPRO-Projekt unter der Leitung der HPS GmbH und in enger Zusammenarbeit mit OHB München wurden im Auftrag der ESA mehrere neuartige Mehrschichtsysteme zum Schutz von Elektronik entworfen, konstruiert und getestet. Aus den besten Kandidaten wurde danach ein Elektronikgehäuse und ein Spotshield zum Einsatz in Weltraummissionen als Engineering Model konstruiert und getestet.

Mögliche Missionsszenarien und die sich daraus ergebenden Anforderungen wurden in einem Expertenworkshop, organisiert und geleitet von der HPS GmbH, erarbeitet und ausgewählt.

In der zweiten Phase wurde eine Vielzahl möglicher Materialkombinationen z. B. auf die Machbarkeit, Prozesssicherheit und Wirtschaftlichkeit der Herstellung, die erwartete Abschirmwirkung auf Teilchen- und elektromagnetische Strahlung und viele weitere Faktoren hin untersucht. Das Geschäftsfeld NEO lieferte hier zu allen Materialien und Kombinationen Monte-Carlo-Simulationen zur Abschirmwirkung der Teilchenstrahlung.

Aus den vier vielversprechendsten Materialkombinationen wurden von der HPS GmbH dann Muster hergestellt und diese u.a. mechanischen, thermischen und Strahlungstests unterzogen. Die Strahlungstests in dieser Phase führte das Geschäftsfeld NEO an einem Elektronenbeschleuniger der PTB Braunschweig und des Protonenzyklotrons JULIC des FZ Jülich durch. Zusätzlich wurde ein „Alterungstest“ an den Co-60 Anlagen des INT durchgeführt.

Für die Konstruktion der Engineering Models wurden daraus zwei Schichtsysteme für die Herstellung von Demonstratoren ausgewählt: Ein Material wurde für die Herstellung eines Elektronikgehäuses in Standardbauform verwendet, ein anders für ein lokales Spotshield zum Schutz empfindlicher Einzelkomponenten. Hergestellt wurden die Demonstratoren von HPS, teils unter Anwendung eigens hierfür entwickelter Fertigungsprozesse.

Beide Demonstratoren wurden einem Thermalvakuumtest und weiteren Strahlungstests mit Elektronen (Abbildung 1) und Protonen ausgesetzt. Zusätzlich wurde das Abschirmverhalten des Gehäuses gegenüber elektromagnetischer Strahlung vom Geschäftsfeld EME am INT in Zusammenarbeit mit OHB München getestet. Die Tests zeigten, dass die gewählten Mehrschichtmaterialien eine höhere Abschirmeffektivität verglichen mit vergleichbar schweren Aluminiumgehäusen haben. Die elektromagnetischen Tests zeigten ein gleichwertiges oder teils deutlich besseres Abschirmverhalten als eine Aluminiumbox gleichen Aufbaus.

Je nach betrachtetem Missionsszenario zeigen die verwendeten Abschirmmaterialien eine um 25% bis 69% gesteigerte Abschirmeffektivität verglichen mit massenäquivalentem Aluminium. Mit diesen Materialien lässt sich die für die Abschirmung benötigte Masse also signifikant reduzieren oder kostengünstige kommerzielle Bauteile (COTS) in Strahlungsumgebungen realisieren.