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Human-Computer Integration

Jüngste Entwicklungsansätze im Forschungsfeld Mensch-Computer-Interaktion (Human-Computer Interaction; kurz: HCI) betrachten Mensch und Computer nicht länger als zwei getrennte Einheiten, sondern als eine integrierte, ganzheitlich zu betrachtende bzw. symbiotische Partnerschaft. Darin sind Computer mehr als ein reines Werkzeug, welches bewusst durch den Benutzer gesteuert wird, bzw. mehr als ein autonomes System, welches unabhängig von Menschen agiert. Vielmehr werden Computertechnologien direkt in den menschlichen Körper eingebettet, um die physischen oder kognitiven Fähigkeiten des Menschen zu erweitern (Augmented Human) bzw. zu verbessern (Human Enhancement).

Die Idee der sogenannten Mensch-Computer-Integration (Human-Computer Integration; kurz: HInt) ist nicht grundlegend neu. Das Konzept entstand in verschiedenen Wissensgebieten und in unterschiedlichsten Ausprägungsformen. Es lässt sich sowohl in der Geschichte der Informatik als auch der Kunst, der Philosophie, der Neurowissenschaften und der Science-Fiction zurückverfolgen. Als wirklich neu gilt, dass sich die Dynamik des Konzepts angesichts des schnellen technologischen Fortschritts, der zunehmenden Implementierung in der realen Welt und der wachsenden ethischen und gesellschaftlichen Auswirkungen entscheidend intensiviert hat und zu einem sehr realisierbaren und ernsthaften Thema der wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung geworden ist.

Im Zuge der zunehmenden Dynamik des Konzepts beschreiben weitere Forschungsaktivitäten HInt als Integration, die hauptsächlich auf individueller Ebene durch sensorische Verschmelzung erfolgt, wobei interaktive Computertechnologien etwaige Informationen nun unmittelbar an menschliche Sinne liefern können. Symbiose bezieht sich dabei auf Systeme, in denen Menschen und Computertechnologien im Hinblick auf sowohl gemeinsame als auch komplementäre Ziele zusammenarbeiten. Als entscheidende Schlüsseleigenschaft wird dabei definiert, dass die Handlungsfähigkeit bzw. Entscheidungsmacht (Agency) geteilt wird. Demnach fallen Telekommunikationssysteme, die keine eigene Agency besitzen, außerhalb des Anwendungsbereichs von HInt. Fusion bezieht sich im Vergleich zu Symbiose auf Systeme, bei denen Computer den erfahrenen menschlichen Körper erweitern bzw. bei denen der menschliche Körper den Computer erweitert. Hierbei ist entscheidend, dass bspw. Computertechnologien nicht unterhalb der menschlichen Wahrnehmungsschwelle agieren. So sind z. B. Herzschrittmacher kein Gegenstand von HInt.

Weitere Untersuchungsbeiträge haben in relativ kurzer Zeit nun bereits dazu geführt, dass die Symbiose-Fusion-Strukturierung durch eine Vielzahl von unterschiedlichen Konzeptualisierungen der Integration erweitert wird. Dazu gehöhren die verkörperte (embodied), körperliche (bodily), erfahrungsmäßige (experiential) und verflochtene (intertwined) Integration sowie die integrierte Anstrengung und das integrierte Bewusstsein. Während die entstandenen Perspektiven ein größeres Verständniss von HInt ermöglicht haben, gibt es gleichzeitig einige Abweichungen in der Art und Weise, wie Prinzipien, Motivationen, Definitionen und endgültigen Ziele beschreiben werden. So wird HInt bzgl. der Integration von Technologie in den menschlichen Körper in Veröffentlichungen sowohl als Fusion wie auch als verkörperte Integration bzw. körperliche Integration bezeichnet.

Insgesamt ist HInt ein aufstrebendes Forschungsgebiet, welches relativ schnell expandiert, neue Disziplinen einbezieht sowie neue technologische Ansätze hervorbringt und von welchem sich Forscher und Praktiker große Chancen versprechen. So erhofft sich z. B. die Computerspielbranche, dass HInt neuartige körperliche Erfahrungen für Spieler schaffen kann, wenn es um digitale Spiele geht. Dabei werden entsprechende Lösungen aus dem Bereich HInt in der Gesundheitsbranche bereits seit geraumer Zeit z. B. in der Kapselendoskopie oder zur Überwachung der Wirkung von Medikamenten in Form von einnehmbaren Sensoren angewendet. Weitere Prototypen belegen auch die technologische Machbarkeit und das Anwendungspotenzial in anderen Branchen. Dabei können bspw. interaktive Geräte, die auf elektrischer Muskelstimulation (EMS) basieren, zur Beschleunigung der menschlichen Reaktion eingesetzt werden. Gehirn-Computer-Schnittstellen und Cyborgs befinden sich jedoch weiterhin noch in frühen technologischen Reifestadien.

Dieser Trend-NEWSletter-Artikel wurde im März 2022 veröffentlicht.

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