»Es war die beste aller Zeiten, es war die schlimmste aller Zeiten, es war das Zeitalter der Weisheit, es war das Zeitalter der Dummheit«
Charles Dickens, Eine Geschichte aus zwei Städten, 1859
Liebe Leserinnen und Leser,
betrachtet man unsere Gegenwart, scheint das obige Zitat von Charles Dickens auch nach mehr als 160 Jahren nichts an Aktualität eingebüßt zu haben. Umweltkatastrophen, Kriege, Demokratieschwund und vieles mehr: wie es scheint, reißt die Folge der Krisen nicht ab. Obwohl uns technologische Möglichkeiten wie nie zuvor zur Verfügung stehen, die den Menschen ein goldenes Zeitalter bescheren könnten, scheinen uns Unvernunft und Überheblichkeit immer wieder zurückzuwerfen.
Einstein hat es auf den Punkt gebracht: »Das Universum und die menschliche Dummheit sind unendlich, beim Universum bin ich mir aber noch nicht sicher«.
Ein Anzeichen dafür, dass die menschliche Dummheit – wie das Universum – vielleicht (hoffentlich!) doch nicht unendlich ist, könnten die Anstrengungen im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungsforschung sein. Hier schlägt sich die Erkenntnis nieder, dass eine nicht-kooperative Umwelt und menschliche Unvernunft vermutlich nur mit Hilfe der Wissenschaft eingehegt und in ihren schlimmsten Auswirkungen begrenzt werden können. Und vielleicht ist die (jahrtausendealte) Einsicht, dass, wer nicht kämpfen möchte, kämpfen können sollte, um nicht kämpfen zu müssen, sogar ein kleines Körnchen Weisheit.
Was für den Bereich der inneren Sicherheit und des Katastrophenschutzes schon immer unbestritten war, kommt jetzt – über dreißig Jahre nach Ende des Kalten Krieges – auch für die Verteidigungsforschung wieder auf die Tagesordnung. Sicherheit ist nicht selbstverständlich; sie muss stetig hinterfragt und immer wieder neu erarbeitet werden. Die öffentlichen Diskussionen über Dual-Use-Forschung, Zivilklauseln und erhöhte Ausgaben für Sicherheit nehmen stark zu. Sie sind ein Indikator dafür, dass das Thema »äußere Sicherheit« auch für die breite Öffentlichkeit wieder in den Fokus rückt. Gleichzeitig mit dem zunehmenden Interesse an Sicherheitsforschung steigen aber auch die Bedenken bezüglich der Sicherheit der Forschung. Nicht immer freundlich gesonnene Mächte versuchen mit steigender Anstrengung, sich der Erkenntnisse aus deutscher Forschung zu bemächtigen, auch, um sie dann gegen Deutschland zu verwenden. Die täglichen Angriffe im Cyberraum sprechen eine deutliche Sprache.
Seit mehr als 50 Jahren forschen das Fraunhofer INT und seine Vorläufer erfolgreich in den Bereichen der inneren und äußeren Sicherheit. Es ist ein starker Partner für zivile und militärische Institutionen sowie die private Wirtschaft. 2024 hat das Institut sein 50-jähriges Bestehen gefeiert.
Begleiten Sie uns auch in unserem Jubiläumsjahr wieder bei unseren Forschungen. Eine kleine Auswahl der Ergebnisse ist im Jahresbericht 2024 niedergelegt.
Wie Sie vermutlich der Presse und den Verlautbarungen von Fraunhofer entnommen haben, wird das Fraunhofer INT zum 1. Januar 2026 in das Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie FKIE integriert und seine eigenständige Existenz beenden. Nach der Verkündung des Vorstandsbeschlusses im April 2024 laufen nun die Vorbereitungen für die Integration in beiden Instituten auf Hochtouren, damit das ambitionierte Vorhaben zeitgerecht umgesetzt werden kann. Dieser Jahresbericht ist folgerichtig vermutlich der letzte, den das Institut herausgibt, der nächste erscheint dann im Rahmen des Jahresberichts des Fraunhofer FKIE.
Der Standort Euskirchen mit seinen Mitarbeitenden und seinen Forschungsrichtungen bleibt auch nach dem 1. Januar 2026 erhalten. Die Integration eröffnet den beiden Instituten die Möglichkeit, durch Kombination ihrer einzigartigen Fähigkeiten die kommenden herausfordernden Jahre erfolgreicher zu meistern und stabiler zu überstehen als sie das einzeln könnten. Unseren Kunden und Partnern werden wir in Zukunft dadurch noch umfassendere Angebote zu ihrer Unterstützung machen können.
Für mich persönlich ist dieser Jahresbericht noch aus einem anderen Grund besonders: ich werde mit Ablauf des September 2025 emeritiert und gebe die Leitung des Fraunhofer INT dann ab. Dies ist ein weiterer Grund, weshalb es das letzte Vorwort zu einem Jahresbericht des Fraunhofer INT ist, dass ich schreiben werde.
Ich durfte mehr als 13 Jahre der Leiter dieses Instituts sein. Zahlreiche schöne Momente, aber auch dramatische Ereignisse, wie die Erftflut im Juli 2021, haben diese Zeit begleitet.
Ich wünsche dem Institut und seinen Mitarbeitenden – in neuer Umgebung und unter neuer Leitung – stets alles Gute, viel Erfolg und die Möglichkeit, auch weiterhin spannende Forschungen für die Sicherheit unseres Landes zu betreiben.
Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünsche ich nun viel Vergnügen bei der Lektüre dieses besonderen Jahresberichts.
Herzlichst, Ihr
Prof. Dr. Dr. Michael Lauster
Institutsleiter