Integration des HPEM-Detektionssystems FORDES als Fahrzeugsensor

Mobiles Detektionssystem für elektromagnetische Hochleistungsstörungen wird zu Sensor in militärischem Landfahrzeug weiterentwickelt

Risiken durch elektromagnetische Hochleistungsstörungen

Wenn in elektronische Geräte und Systeme von außen zusätzliche Spannungen und Ströme auf die inneren Leiterbahnen und Baugruppen wirken, können bei zunehmender Stärke Funktionsstörungen, Abstürze und Totalausfälle auftreten. Durch einen solchen Einsatz von »High Power Electromagnetics« (HPEM) besteht die Möglichkeit der wiederholten, diskreten Ferneinwirkung, was insbesondere für kritische Systeme ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellen kann.

Detektion als Teil eines Schutzkonzepts

In vielen Fällen können technische, bauliche und organisatorische Maßnahmen teilweise Abhilfe schaffen. Allerdings wird nicht jedes System gleichermaßen robust entworfen oder nachträglich ertüchtigt, um gegen alle erwartbaren Störeinwirkungen gewappnet zu sein. Besonders herausfordernd ist es, Fehler durch bewusste Störversuche von üblichen Hard- und Softwareproblemen ursächlich abzugrenzen. So kann erst durch eine geeignete Messvorrichtung zuverlässig Aufschluss über sich anbahnende oder bereits erfolgreiche elektromagnetische Störversuche gewonnen werden.

Am Fraunhofer INT wird im Rahmen einer jahrzehntelangen Historie der Laborforschung zum Thema HPEM bereits über mehrere Iterationen die Hardwareentwicklung solcher Detektionslösungen vorangetrieben. Zu Beginn des Jahrzehnts entstand dabei der Prototyp eines forensischen Detektionssystems (FORDES) für Hochleistungsmikrowellen.

Insbesondere im militärischen Bereich kommt zunehmend komplexe Elektronik und Sensorik zum Einsatz, die hohe Anforderungen an die Verfügbarkeit stellt. Feste Installationen der Informations- und Kommunikationstechnologien können ebenso zum Ziel von HPEM werden wie mobile Einsatzausrüstung oder Fahrzeuge. Um den entsprechenden Informationsbedarf abzudecken, wird in einem aktuellen Forschungsprojekt untersucht, wie der entwickelte Detektor-Prototyp als Sensor in ein militärisches Landfahrzeug integriert werden kann.

Anpassungen für eine Fahrzeugintegration

Im Gegensatz zum autarken Betrieb müssen für die Integration in ein Fahrzeug geeignete Anpassungen am Detektorsystem vorgenommen werden. Hardwareseitig bedingt der neue Montageort andere Rahmenbedingungen für die Ausbreitung von Funkwellen, was die Empfangscharakteristik des Systems beeinflusst. Unterstützt durch numerische Simulationen werden Konzepte zur Anpassung der verbauten Antennenvorrichtungen entwickelt. Bei Strom- und Netzwerkanschluss müssen die speziellen Anforderungen für den Fahrzeugeinsatz berücksichtigt werden, ebenso wie die mechanische Befestigung.

Um den neuen Sensor direkt im Verbund mit standardisierten IT-Lösungen betreiben zu können, werden in Kooperation mit dem Fraunhofer FKIE Anpassungen an der Datenschnittstelle vorgenommen. Anstatt wie bisher mit einem Webinterface zu kommunizieren, werden alle Kontrollvorgänge sowie die relevanten Messdaten über das Bordnetzwerk des Zielfahrzeugs mit einem Führungsinformationssystem ausgetauscht. Das Datenmanagement orientiert sich dabei an der standardisierten NATO Generic Vehicle Architecture (NGVA), in die ein neues Template für einen HPEM-Sensor eingeführt wird.

Für die Nutzerschnittstelle wurde bereits eine vorläufige Implementierung eines Sensor-Plugins für das künftig in der Bundeswehr relevante System »Sitaware Frontline« vorgenommen. Informationen wie die Stärke und Einfallsrichtung der Störsignale werden im dargestellten Kartenausschnitt grafisch visualisiert, ergänzt durch ein Ausklappmenü mit weiteren Informationen.

Weiterentwicklung bis zur Einsatztauglichkeit

Als Zielplattform für die Einbindung wurde ein Radpanzer vom Typ Boxer, der für die Erprobung von Zukunftssystemen aus dem Bundeswehrfuhrpark (Joint Operational Demonstrator for Advanced Applications, JODAA) ausgerüstet ist, identifiziert. Ende letzten Jahres wurde zudem in einem Workshop der Bedarf des Endnutzers systematisch erhoben, unter anderem mit Simulationsfahrten in einer virtuellen Einsatzumgebung. Eine Schlüsselanforderung besteht darin, dass essentielle Sensorinformationen im Sinne der Missionsdurchführung unmissverständlich zur Kenntnis gebracht werden, insbesondere unter erschwerten Einsatzbedingungen.

Die gesammelten Erfahrungswerte fließen in die Weiterentwicklung der Nutzerschnittstelle ein, während gleichzeitig die notwendigen weiteren Änderungen an Hardware und Datenarchitektur vorgenommen werden. Zum Projektende 2026 soll das System dann unter einsatzartigen Bedingungen vorgeführt werden.

© Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw)
Abbildung 1: Joint Operational Demonstrator for Advanced Applications, JODAA
Abbildung 2: Schematischer Überblick des Systemkonzepts mit Erweiterung für den Fahrzeugbetrieb