Ein halbes Jahrhundert Forschung, Innovation und Vorausschau für Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft
Im Jahr 2024 feierte das Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen INT sein 50-jähriges Bestehen. Seit seiner Gründung im Jahr 1974 hat sich das Institut als eine der führenden Einrichtungen in den Bereichen Technologievorausschau, Strahlungs- und Sicherheitsforschung etabliert. Das Jubiläum bot Anlass, sowohl auf die bewegte Geschichte des Instituts zurückzublicken als auch einen Ausblick auf zukünftige Herausforderungen und Forschungsfelder zu wagen.
Historischer Rückblick: Die Anfänge des Fraunhofer INT
Das Fraunhofer INT hat seinen Ursprung in einer Arbeitsgruppe am Institut für Reine und Angewandte Kernphysik der Universität Kiel, die sich mit dem Nachweis und der Wirkung von durch Kernwaffen verursachter Strahlung beschäftigte. Diese Arbeitsgruppe wurde in das Institut für Strahlenschutz (IfS) überführt, wo eine Abteilung »Trendanalysen und Prognosen« gegründet wurde, um das zuständige Referat des Bundesministeriums für Verteidigung zu unterstützen. Nachdem das IfS 1974 unter dem neuen Namen »Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen INT« in die Fraunhofer-Gesellschaft aufgenommen wurde, zog es kurze Zeit später nach Euskirchen um und sah sich der Herausforderung gegenüber, die durch den Umzug geschrumpften Personalressourcen wieder aufzufüllen. Das Institut übernahm die Verantwortung für die Erstellung der »Wehrtechnischen Vorausschau« und baute seine experimentellen Möglichkeiten zur Untersuchung von Strahlungseffekten weiter aus, was besonders im Kontext des Reaktorunfalls in Tschernobyl von großer Bedeutung war.
Forschungsschwerpunkte im Wandel der Zeit
Im Laufe der Jahrzehnte passte das Fraunhofer INT seine Forschungsschwerpunkte kontinuierlich an die sich verändernden globalen Herausforderungen an. Neben der klassischen Technologievorausschau gewannen Themen wie Strahlungsforschung, elektromagnetische Effekte und Bedrohungen sowie die öffentliche Technologie- und Innovationsplanung an Bedeutung. Mit der Gründung und dem Beitritt zum Fraunhofer-Verbund Verteidigungs- und Sicherheitsforschung intensivierte das Institut seine Aktivitäten in diesen Bereichen. Das Thema Raumfahrt wurde immer präsenter, was zur Initiierung der Workshop-Reihe »Herausforderung Weltraum« und der Gründung der Fraunhofer-Allianz Space führte. Das Fraunhofer INT erweiterte seine Infrastruktur durch den Bau einer neuen Experimentierhalle und die Modernisierung der experimentellen Einrichtungen im Rahmen eines Investitionsprogramms mit dem Bundesministerium der Verteidigung. Diese Initiativen wurden jedoch durch die Flutkatastrophe im Jahr 2021 vorübergehend unterbrochen, bevor der Wiederaufbau schließlich aufgenommen wurde. Durch die Diversifizierung seiner Forschung konnte das Institut seine Expertise in verschiedenen Bereichen ausbauen und sich als verlässlicher Partner für Industrie und Politik etablieren.
Technologievorausschau: Blick in die Zukunft
Ein zentrales Element der Arbeit des Fraunhofer INT ist die Technologievorausschau. Durch systematisches Monitoring und die Analyse von Technologietrends unterstützt das Institut Entscheidungsträger dabei, zukünftige Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und strategisch zu planen. Dabei kommen verschiedene Methoden wie Szenarioanalysen, Delphi-Studien und Technologieradare zum Einsatz, die eine fundierte Basis für Innovationsprozesse bieten.
»Die Gegenwart enthält die aus der Vergangenheit akkumulierten Potentiale für alle möglichen Zukünfte; um sie zu erkennen, reist man – zumindest virtuell – in die Zukunft, schaut zurück und fragt sich, welche Entscheidungen in der Gegenwart notwendig waren, um wünschenswerte Entwicklungen zu befördern und unliebsame zu vermeiden. Dieser Aufgabe widmet sich das Fraunhofer INT seit 50 Jahren und hilft so staatlichen und privatwirtschaftlichen Institutionen, informierte Entscheidungen zu treffen und die Zukunft möglichst positiv zu beeinflussen.«
Prof. Dr. Dr. Michael Lauster
Strahlungsforschung: Sicherheit im Fokus
Ein weiterer Schwerpunkt des Fraunhofer INT liegt in der Strahlungsforschung. Das Institut untersucht mithilfe modernster Messtechnik die Auswirkungen ionisierender und elektromagnetischer Strahlung auf elektronische Bauteile sowie verschiedene Detektionsmethoden. Diese Forschung ist essenziell für die Sicherheit in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt und der Kerntechnik. Durch umfangreiche Testreihen und Simulationen trägt das Fraunhofer INT dazu bei, die Strahlenresistenz von Materialien zu verbessern und die Zuverlässigkeit technischer Systeme zu erhöhen.
Sicherheitsforschung: Schutz vor neuen Bedrohungen
In einer zunehmend vernetzten Welt gewinnen Fragen der Sicherheit an Bedeutung. Das Fraunhofer INT widmet sich der Erforschung und Abwehr elektromagnetischer Bedrohungen, wie sie beispielsweise durch den nuklearen elektromagnetischen Puls (NEMP) oder durch den Einsatz von Hochleistungs-Mikrowellen (HPEM) entstehen können. Ziel ist es, Schutzmaßnahmen zu entwickeln, die kritischen Infrastrukturen vor solchen Bedrohungen zu bewahren und somit die Funktionsfähigkeit moderner Gesellschaften sicherzustellen.
Festakt in Euskirchen
Am 10. Oktober 2024 fand im Office Park Euskirchen der offizielle Festakt zum 50-jährigen Jubiläum des Fraunhofer INT statt. Rund 120 geladene Gäste aus Forschung, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft kamen zusammen, um die Erfolgsgeschichte des Instituts zu würdigen. Ein zentraler Programmpunkt der Veranstaltung war der Festvortrag von Prof. Dr. Hanselka, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. In seinem Vortrag hob er die Bedeutung der Verteidigungs- und Sicherheitsforschung hervor und unterstrich deren hohe Relevanz in der heutigen Zeit. Dabei stellte er die besondere Rolle des Fraunhofer INT sowie dessen entscheidenden Beitrag in diesem Forschungsfeld heraus. Im Foyer des Office Parks Euskirchen begleitete eine Ausstellung die Vorträge und Grußworte.
Symposium »Future Space«: Blick in die Weiten des Alls
Im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten veranstaltete das Fraunhofer INT am 30. Oktober 2024 außerdem das Symposium »Future Space« in der Ideenfabrik Nachhaltige Wirtschaft in Euskirchen. Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Industrie diskutierten über die zukünftige Entwicklung der Raumfahrt und die damit verbundenen technologischen Herausforderungen. Themen wie Weltraumforschung, Satellitentechnologie und die Sicherheit im All standen im Mittelpunkt der Veranstaltung. Das Symposium bot eine Plattform für den Austausch neuester Erkenntnisse und förderte die Vernetzung der Fachcommunity.
Podcast »INTo Science«: Wissenschaft zum Hören
Anlässlich des Jubiläums wurde der Podcast »INTo Science – Von Technologievorausschau bis Strahlungsforschung« ins Leben gerufen. Die Podcast-Reihe bietet Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Instituts eine Plattform, um ihre Forschungsthemen vorzustellen und ihre Expertise zu teilen. In jeder Episode diskutieren die Fachleute aktuelle Themen und Herausforderungen aus ihren jeweiligen Fachgebieten, sei es in der Technologievorausschau, Strahlungsforschung oder anderen relevanten Bereichen. Der Podcast richtet sich sowohl an ein Fachpublikum, als auch an interessierte Laien, die sich für wissenschaftliche Fragestellungen begeistern. Durch die verständliche Aufbereitung komplexer Themen wird es einer breiteren Öffentlichkeit ermöglicht, die innovativen und bedeutenden Arbeiten des Fraunhofer INT zu verstehen.
Der Forschungsalltag am Fraunhofer INT
Im Rahmen einer Instagram-Kampagne wurden die Mitarbeitenden des Fraunhofer INT in ihrem täglichen Arbeitsumfeld begleitet. Diese Kampagne bot den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit, einen Einblick in ihre vielseitigen Tätigkeiten zu gewähren. Mit persönlichen Geschichten, Bildern und Videos teilten die Mitarbeitenden ihre Erfahrungen und Herausforderungen, die sie in der Forschung und Entwicklung meistern. Dadurch konnten die Zuschauenden nicht nur die Projekte und den Arbeitsalltag am Institut kennenlernen, sondern auch die Leidenschaft und das Engagement, das hinter der Arbeit am Fraunhofer INT steht.
Ausblick: Die nächsten 50 Jahre
Mit dem Blick nach vorn stellt sich das Fraunhofer INT in den kommenden Jahren einigen Herausforderungen aber auch Chancen.
»Ich sehe der Zukunft des Fraunhofer INT begeistert und ausgesprochen positiv entgegen. Die Möglichkeiten, die sich ergeben, wenn sich zwei Partner finden, die komplementäre Kompetenzen haben, schaffen eine Grundlage für Innovation und nachhaltigen Erfolg. Zusammen können das Fraunhofer INT und das Fraunhofer FKIE als ein starkes FKIE ihre Aufgaben gegenüber dem BMVg und anderen Auftraggebern noch besser wahrnehmen.«
Prof. Dr. Hanselka über die Integration des Fraunhofer INT in das Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie FKIE im Jahr 2026.
Fazit: Eine Erfolgsgeschichte mit Zukunft
Das 50-jährige Jubiläum des Fraunhofer INT ist nicht nur Anlass zur Rückschau, sondern auch ein Startpunkt für zukünftige Entwicklungen. Mit seiner breiten Expertise und der Fähigkeit, sich an wandelnde Bedingungen anzupassen, bleibt das Institut ein zentraler Akteur in der Forschungslandschaft.
Ein solcher Erfolg wäre ohne das Engagement und die Expertise der (ehemaligen) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts nicht möglich gewesen. Ihr unermüdlicher Einsatz hat das Fraunhofer INT zu dem gemacht, was es heute ist: ein Leuchtturm der angewandten Forschung, der auch in den kommenden Jahrzehnten innovative Lösungen für die Herausforderungen der Zukunft entwickeln wird – ab 2026 unter dem Namen Fraunhofer FKIE.