Steigende Waldbrandgefahr Europa / 2025
Steigende Waldbrandgefahr erfordert dringendes gemeinsames Handeln in ganz Europa
Die Zunahme extremer Waldbrände stellt Europa vor eine wachsende sicherheitsrelevante Herausforderung. Um diesen Entwicklungen wirksam zu begegnen, haben mehrere EU-Forschungsprojekte gemeinsam eine integrierte Strategie für das Waldbrand-Risikomanagement (IWRM) entwickelt. Beteiligt ist unter anderem das Projekt Firelogue, das vom Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen INT koordiniert wird. Ziel ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse, technologische Innovationen und politische Maßnahmen europaweit zu bündeln und strategisch aufeinander abzustimmen. Die vorgeschlagene IWRM-Strategie liefert dafür einen konkreten und praxisorientierten Fahrplan.
Hintergrund und Problemstellung
Waldbrände verändern sich weltweit – sie treten häufiger, intensiver und unvorhersehbarer auf und verursachen beispiellose Schäden an Ökosystemen, insbesondere in Europa. Veränderungen in Zeitpunkt und geografischer Ausdehnung der Brände führen zu verlängerten Feuersaisons und neuen Risiken in bislang wenig betroffenen Regionen. Der Klimawandel verschärft diese Entwicklungen zusätzlich, überfordert die bestehenden Feuerwehrressourcen und gefährdet Bevölkerung, Umwelt und Infrastruktur. Menschliche Faktoren wie die Landflucht in ländlichen Regionen und die Ausweitung des Übergangsbereichs zwischen bebauten und bewaldeten Flächen (Wildland-Urban Interface) verschärfen die Problematik weiter. Um diesen systemischen Herausforderungen zu begegnen, ist eine koordinierte und integrierte Antwort aller relevanten Akteure erforderlich. Dabei gilt es, bestehendes Wissen und jüngste Investitionen in Forschung und Innovation im Bereich Waldbrandbekämpfung zu nutzen, um die Zusammenarbeit und Wirksamkeit europaweit zu stärken. Vor diesem Hintergrund schlagen mehrere europäische Forschungsprojekte eine gemeinsame Strategie für ein Integriertes Waldbrand-Risikomanagement (IWRM) in Europa vor.
Über den Vorschlag zur europäischen Strategie für ein Integriertes Waldbrand-Risikomanagement (IWRM)
Der Vorschlag wurde von einem breiten Konsortium aus Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen der EU-Green-Deal-Forschungsprojekte FirEUrisk, FIRE-RES, TREEADS und SILVANUS erarbeitet. Die Strategie beschreibt einen ganzheitlichen europäischen Rahmen für resiliente Landschaften, fordert entschlosseneres Handeln auf europäischer Ebene und zusätzliche Maßnahmen, um das Potenzial datenbasierter Innovationen voll auszuschöpfen. Basierend auf über 70 Millionen Euro an EU-Investitionen schlägt die Strategie konkrete Maßnahmen vor – von der Gestaltung feuertoleranter Landschaftsmosaike über Anreize für »fire-smarte« Bioökonomien bis hin zu öffentlich-privaten Partnerschaften. Sie betont die Notwendigkeit gemeinsamer Landschaftsplanung, Aufklärung über Waldbrandrisiken sowie neuer Finanzierungsmechanismen zur Unterstützung von Anpassungsmaßnahmen.
Ein zentraler Vorschlag ist die Einrichtung eines ressortübergreifenden EU-Koordinierungsgremiums für Waldbrände sowie die Einführung einer europäischen Richtlinie für das Waldbrandmanagement, um Maßnahmen zwischen den Mitgliedstaaten zu harmonisieren. »Wir müssen feuersichere Landschaften fördern, Gemeinschaften einbinden und Politik, Wissenschaft und Technologie integrieren, um uns wirksam anzupassen«, so die Autor*innen der Strategie.
»Wir brauchen ein abgestimmtes Vorgehen auf EU-Ebene und durch die Mitgliedstaaten, um den Stand der Wissenschaft umzusetzen, technologische Fortschritte zu nutzen und den Wissenstransfer zu beschleunigen«, betonen sie weiter. Dies wird unterstrichen durch Vorschläge wie Stakeholder-getriebene Fire Forums, den Kapazitätsaufbau für lokale Behörden und Investitionen in Echtzeit-Dateninfrastrukturen – etwa durch eine erweiterte Version des Europäischen Waldbrand-Informationssystems (EFFIS), ergänzt um Analysen zu Exposition und Verwundbarkeit.
Ziel der vorgeschlagenen IWRM-Strategie ist es, Europas bislang fragmentiertes System zur Waldbrandbekämpfung und Risikominderung anhand von Good Practice Beispielen zu harmonisieren und den Wissensaustausch zu erleichtern. Entscheidend ist dabei die Nutzung Europas umfangreicher wissenschaftlicher Kapazitäten. »Wir verfügen bereits über hochauflösende Satellitensysteme, Brennstoffkarten, KI-gestützte Entscheidungswerkzeuge und regionale Feuermodellierungsplattformen. Was fehlt, ist ein gesamteuropäischer Mechanismus, um diese Technologien zu skalieren und in ein integriertes Handeln zu fördern«, erklärt Dr. Claudia Berchtold, eine der Hauptautorinnen der Strategie und Koordinatorin des Forschungsprojekts Firelogue.
Der Ansatz des integrierten Risikomanagements bei Waldbränden (IWRM) beruht auf vier Säulen: Risikobewertung und -evaluierung, Risikomanagement und adaptive Planung, Einbeziehung von Interessengruppen und Kommunikation sowie integrative Governance.
Fünf zentrale Erkenntnisse der IWRM-Strategie:
- Einrichtung einer behördenübergreifenden Arbeitsgruppe auf europäischer Ebene zur strategischen Koordinierung. Diese Gruppe sollte Vertreter*innen verschiedener Generaldirektionen und Agenturen umfassen, um koordinierte Maßnahmen sicherzustellen und Synergien im Waldbrandmanagement zu nutzen.
- Entwicklung integrierter Systeme zur Bewertung von Waldbrandrisiken, die über Wetterdaten hinaus auch andere relevante Variablen einbeziehen. Eine ganzheitliche Risikobewertung sollte Aspekte wie Zündquellen, Ausbreitung, Exposition und Verwundbarkeit berücksichtigen.
- Bereitstellung von Leitlinien für die Umsetzung des IWRM in unterschiedlichen Kontexten, einschließlich einer möglichen europäischen Waldbrandrichtlinie. Solche Leitlinien sollen eine Anpassung der Strategien an regionale und nationale Gegebenheiten ermöglichen und gleichzeitig einen harmonisierten Ansatz fördern. Die Strategie schlägt unter anderem vor, widerstandsfähige Landschaften zu entwickeln, eine »fire-smart« Bioökonomie zu etablieren sowie Lösungen für das Notfallmanagement und den Katastrophenschutz anzuwenden.
- Festlegung von IWRM-Zielen, Schlüsselindikatoren (KPIs) und Datensätzen zur effektiven Bewertung und Überwachung. Die Definition messbarer Ziele und Datenstrukturen soll die Evaluation von IWRM-Maßnahmen erleichtern und die Rechenschaftspflicht stärken.
- Schaffung neuer Finanzierungsstrukturen und öffentlich-privater Partnerschaften, um Wissensaustausch und die Umsetzung innovativer Lösungen zu fördern. Innovative Finanzierungsmodelle und Kooperationen sollen die Verfügbarkeit von Ressourcen erhöhen, lokale Anpassungen unterstützen und die Erprobung neuer Lösungen für Landschaftsmanagement ermöglichen.
Über Firelogue:
Firelogue ist eine Koordinations- und Unterstützungsmaßnahme, die im Rahmen des Horizon 2020 Programms unter der Fördervereinbarung Nr. 101036534 finanziert wird. Insgesamt bündelt Firelogue über 70 Millionen Euro an Forschungsgeldern, die vor allem im Rahmen des European Green Deal Calls »Verhütung und Bekämpfung extremer Waldbrände durch Integration und Demonstration innovativer Maßnahmen« investiert wurden. Das Projekt arbeitet eng mit den folgenden Initiativen zusammen: FIRE-RES, SILVANUS, TREEADS und FirEUrisk.