Neue Forschungsergebnisse aus EU-Projekt Firelogue

Gerechtigkeit im Risikomanagement von Waldbränden

Euskirchen – Im Rahmen des EU-Projekts Firelogue wurden neue Forschungsergebnisse zum Thema Gerechtigkeit im Waldbrand-Risikomanagement veröffentlicht. In einem Artikel, der am 10. Juli in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Nature Climate Change erschienen ist, machen die Forschenden darauf aufmerksam, dass das Risiko von einem Waldbrand betroffen zu sein in unserer Gesellschaft unterschiedlich hoch ist. Sie fordern integriertere und umfassendere Ansätze für das Risikomanagement bei Waldbränden und schlagen ein neues Vorgehen vor, das verschiedene Gerechtigkeitsaspekte abbildet.

Gerechtigkeitsaspekte im Zusammenhang mit dem Management von Naturgefahren wie Überschwemmungen, Wirbelstürme und Erdbeben sind in der Vergangenheit bereits Gegenstand der Forschung gewesen. Im Bereich des Risikomanagements von Waldbränden sind Gerechtigkeitsfragen bisher allerdings weitestgehend unbeachtet geblieben. Diese Lücke adressieren Forschende des Fraunhofer-Instituts für Technologische Trendanalysen INT, des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) und des Forest Science and Technology Centre of Catalonia (CTFC) mit ihrem Artikel unter dem Titel »A framework for considering justice aspects in integrated wildfire risk management«.

Die ungleiche Verteilung des Waldbrandrisikos in unserer Gesellschaft wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wie z. B. unterschiedlichen Formen der Ungleichheit, einschließlich Geschlecht, Alter, ethnischer Zugehörigkeit oder Behinderung. Die Autor*innen stellen drei Bereiche der Gerechtigkeit heraus, die elementar sind, um Ungleichheiten im Bereich des Waldrisikos zu verstehen, ihnen entgegenzuwirken und die bei integrierten und inklusiven Ansätzen des Waldbrandrisikomanagements berücksichtigt werden müssen: Verteilungsgerechtigkeit, Verfahrensgerechtigkeit und wiederherstellende Gerechtigkeit.

»Der Aspekt der Verteilungsgerechtigkeit konzentriert sich auf die Frage, wer die Kosten und den Nutzen des Risikomanagements bei Waldbränden tragen sollte. Die Verfahrensgerechtigkeit befasst sich mit der Auswahl von Maßnahmen und der Frage, welche Interessengruppen bei der Entwicklung von Maßnahmen zum Management von Waldbrandrisiken einbezogen werden. Wiederherstellende Gerechtigkeit befasst sich mit Wiederherstellungs- und Entschädigungsmechanismen, einschließlich Versicherungen«, erklärt der Hauptautor Thomas Schinko (IIASA).

Die Forschenden haben den beschriebenen Ansatz konzeptionell erarbeitet und implementieren diesen mithilfe verschiedener thematischer Arbeitsgruppen (Umwelt/Ökologie, Gesellschaft, Versicherungen, Infrastrukturen und Zivilschutz) im Rahmen des Projektes. Das Ziel des innovativen Ansatzes ist es, entscheidende Aspekte der drei Gerechtigkeits-Dimensionen zu identifizieren und zu kategorisieren. Dabei orientieren sie sich entlang der vier Phasen des Waldbrandrisikomanagement (WFRM)-Zyklus: 1. Prävention, 2. Vorsorge, 3. Reaktion und 4. Wiederaufbau und Anpassung. Gleichzeitig appelliert das Autor*innen-Team an die Politik und an Entscheidungsträger*innen diese Gerechtigkeitsaspekte proaktiv in politischen Prozessen zu berücksichtigen, um erfolgreiche WFMR-Strategien zu entwickeln.

Die Häufigkeit und Schwere von Waldbränden ist in den letzten Jahren immer alarmierender geworden, was im Wesentlichen auf die Auswirkungen des Klimawandels zurückzuführen ist. Steigende globale Temperaturen, veränderte Wettermuster und langanhaltende Dürreperioden sind allesamt Folgen des Klimawandels, die zu einem erhöhten Risiko von Waldbränden beitragen.

Firelogue, kurz für Cross-sector dialogue for Wildfire Risk Management, ist ein vierjähriges Horizon 2020-Projekt im Rahmen des European Green Deal, das sich mit dem Risikomanagement von Waldbränden beschäftigt. Ziel ist es, einen Dialog zwischen den Akteuren der Waldbrandrisikomanagement-Gemeinschaft herzustellen, um besser auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen zu reagieren.

Im Rahmen von Firelogue arbeiten 14 Partner aus 8 europäischen Staaten zusammen. Gestartet ist das Projekt im November 2021. Das Fraunhofer INT übernimmt die Gesamtkoordination sowie das Projektmanagement und leitet das Arbeitspaket 4 zur Entwicklung von Dialogformaten zur effektiven Implementierung von Strategien und Maßnahmen zum Waldbrand-Risikomanagement.

Das Fraunhofer INT bietet wissenschaftlich fundierte Analyse- und Bewertungsfähigkeit über das gesamte Spektrum technologischer Entwicklungen. Vertieft wird dieser Überblick durch eigene Fachanalysen und -prognosen auf ausgewählten Technologiegebieten und durch eigene theoretische und experimentelle Arbeiten auf dem Gebiet elektromagnetischer und nuklearer Effekte.