Fraunhofer-Technologien im Weltall

Start des Heinrich-Hertz-Satelliten am 5. Juli 2023

Die Heinrich-Hertz-Mission wird von der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bonn geführt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und das Bundesministerium der Verteidigung sind die Auftraggeber des Kommunikationssatelliten. Das Ziel der Mission besteht darin, neue Technologien im Weltraum unter realen Bedingungen zu testen und Experimente zur Kommunikations-, Antennen- und Satellitentechnik durchzuführen.

Der Satellit, der ein Gewicht von knapp 3,5 Tonnen hat, wird vom 5. auf den 6. Juli zwischen 00.00 Uhr und 01.05 Uhr deutscher Zeit an Bord der letzten Ariane-5-Rakete vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana aus gestartet werden. Nach dem Erreichen des Orbits wird der Satellit 15 Jahre lang auf einer geostationären Umlaufbahn in einer Höhe von 36.000 Kilometern kreisen.

Was diese Mission besonders macht, ist die Tatsache, dass der Satellit seine Fähigkeiten im Weltraum weiterentwickelt. Herkömmliche Kommunikationssatelliten waren bisher darauf beschränkt, Daten zu empfangen und weiterzuleiten. Der Heinrich-Hertz-Satellit hingegen ist mit dem Fraunhofer On-Board-Prozessor (FOBP) ausgestattet. Dieser innovative Prozessor filtert und verarbeitet die empfangenen Informationen bereits an Bord des Satelliten. Er kann von der Erde aus neu konfiguriert werden und somit jederzeit an neue Kommunikationsstandards angepasst werden. Der FOBP wurde am Fraunhofer IIS entwickelt und dient als Weltraumlabor für neue Satellitenkommunikationssysteme.

In der FOBP-Box befindet sich auch ein Strahlungssensor, der Fraunhofer On-board Radiation Sensor (FORS). Dieser wurde am Fraunhofer INT entwickelt, um den Satelliten je nach Strahlungsniveau zu schützen. Gemessen wird die Dosis bzw. die Teilchenflüsse auf Trägern für elektronischen Bauteilen, den sogenannten Leiterplatten. Auf diesen befinden sich in unmittelbarer Nähe auch die zu schützenden strahlungsempfindlichen Bauteilen. Bei intensiven solaren Strahlungsereignissen könnte ein plötzlicher Anstieg der Teilchenflüsse erheblichen Schaden verursachen. In solchen Fällen, kann die Messung als Auslöser für den Einsatz von adaptiven Techniken zur Minderung der Strahlungswirkung verwendet werden, um die elektronischen Bauteile des Satelliten zu schützen. Darüber hinaus können die Messungen dazu beitragen, dass das Verständnis für die tatsächlich empfangene Strahlungsdosis innerhalb der Box in einer bestimmten Strahlungsumgebung verbessert und überprüft wird. Das könnte zukünftigen Missionen helfen, da genauere Daten zur Verfügung gestellt werden können.

Für den Heinrich-Hertz-Satelliten führte das Fraunhofer INT außerdem Strahlungstests an elektronischen und optischen Komponenten in seinen Co-60-Gammabestrahlungsanlagen durch.

Fraunhofer On-board Radiation Sensors (FORS) für Heinrich-Hertz-Satellit

Satellitenhersteller oder -betreiber verlangen mittlerweile nicht nur eine bessere Kenntnis der Strahlungsumgebung. Sie sind auch an Daten über den Zustand ihres Systems interessiert, an der Möglichkeit, neue Entwürfe anhand einer realen und charakterisierten Strahlungsumgebung im Weltraum zu validieren und möglicherweise an einer Unterstützung bei der Ermittlung der Ursache einer Anomalie in der Umlaufbahn.

Daher entwickelte das Fraunhofer INT ein On-board Strahlungssensorsystem, welches

  • einfach, robust, kostengünstig und leicht zu integrieren ist,
  • die ionisierende Gesamtdosis lokal auf der Leiterplatte misst,
  • solare Partikelereignisse detektiert,
  • adaptive Techniken zur Strahlungsminderung ermöglicht und
  • die Untersuchung von Anomalien unterstützt.

Mit unserem FORS-Ansatz zur Erfassung der Strahlung an Bord können wir die ionisierende Gesamtdosis (TID) und Solarprotonen unabhängig voneinander messen. Die TID-Messung erfolgt mit einem UV-EPROM, ein nichtflüchtiger elektronischer Speicherbaustein der sich mittels UV-Licht löschen und danach neu programmieren lässt, bei dem die angewandte Dosis proportional zu der Anzahl der geänderten Bits ist und auch im stromlosen Zustand als integrierendes Dosismessgerät funktioniert. Der Nachweis der hochenergetischen Protonen erfolgt durch Zählung der ausgelösten Bit-Flips in einem statischen Random-Access Memory (RAM) während des Betriebs.

© DLR (CC BY-NC-ND 3.0)
Der deutsche Kommunikationssatellit Heinrich Hertz im Reinraum des europäischen Raumflughafens Centre Spatial Guyanais (CSG) in Kourou (Französisch-Guayana).
© OHB Systems AG
Der deutsche Kommunikationssatellit Heinrich Hertz soll rund 15 Jahre lang auf einem geostationären Orbit um die Erde kreisen.